Kochende Farben, Schichten & ein Gefühl von Federn

Ein Besuch bei Julia Rüther

Die Künstlerin Julia Rüther verwendet statt Acrylfarbe aus Pflanzen hergestellten Kleister oder aus Quark gewonnene Kaseinfarbe.

Es riecht nach Nelken und Zimt in Julia Rüthers Werkstatt. Das hat auch einen besonderen Grund. Julia bringt Kunststudent*innen der Universität der Künste hier bei, wie man umweltfreundlich malen und Kunst machen kann. Statt Acrylfarbe verwenden sie zum Beispiel aus Pflanzen hergestellten Kleister oder aus Quark gewonnene Kaseinfarbe.

Später stellen wir selbst Farben aus Pflanzen her, die natürliche Farbstoffe in sich tragen. Aus einer Granatapfelschale kann goldenes Gelb gewonnen werden. Ein Avocado-Kern trägt zartes, gelbliches Rosa in sich. Und wer einen Rotkohl auskocht, gewinnt fliederfarbene Farbpigmente.

Das machen wir! Wir kochen Rotkohl, Krapp- und Kurkumawurzeln. Wir falten und knicken reißfestes Japanpapier und tunken es stellenweise in die aufgekochte Farbe und später noch in Alaunsalz. Das bringt die Farben noch intensiver zum Leuchten. Schöne Muster entstehen, wenn wir das Japanpapier wieder auseinander falten.

Doch Julia Rüther unterrichtet nicht nur, sie malt auch selbst in ihrem Atelier. Sie ist fasziniert von Mustern, die einen Rhythmus in sich tragen, und Schichten. „Ich finde Bilder nur gut, wenn sie richtig viele Schichten haben“, sagt sie.

Fünfzig Schichten hat das einzige Portrait, das sie jemals gemalt hat. Es ist ein Bild von Antonello da Messina, das eigentlich im Louvre in Paris hängt. Julia hat es mit Anfang zwanzig nachgemalt, weil sie wissen wollte, ob sie so was könnte. Sie hat drei Monate lang jeden Tag acht Stunden an diesem Bild gearbeitet. Fünfzig Schichten übereinander gemalt! So lange, bis sie selbst aussah wie der Mann im Bild, den sie portraitiert hat, sagt Julia lachend.

Normalerweise malt sie keine Portraits, sondern Dinge, „die wir nicht beschreiben können“. Eine Frau hat sie einmal in einer Gruppenausstellung gefragt, welches Bild sie gemalt hat. Julia hat eine fließende Bewegung mit den Händen gemacht. „Ach, das Bild mit dem Gefühl von Federn!“ hat die Frau gesagt. Das war für Julia das schönste Kompliment.

(c) Böhme

Das Farbenregal der Künstlerin Julia Rüther.
 
Zurück
Zurück

Normalerweise normal

Weiter
Weiter

Von Innen leuchtende Bilder