In (bewegte) Bilderwelten eintauchen mit Bilge Emir

Heute ist ein ganz besonderer Tag bei „Ephra unterwegs“ – eine echte Premiere –, denn zum ersten Mal ist eine Künstlerin bei Ephra zu Gast und nicht wir bei ihr im Atelier. Das liegt daran, dass Bilge Emirs Atelier so klein ist, dass wir nicht alle reingepasst hätten, wir die Künstlerin und ihre Arbeiten aber dennoch unbedingt besser kennenlernen wollen. Zum Glück sind viele ihrer Werke klein und handlich, weshalb sie einen ganzen Schwung davon ins Ephra Studio mitbringt. Bilge ist nämlich keine Bildhauerin oder so, sondern Zeichnerin und Illustratorin!

Auf einem Tisch an der Wand entdecken wir schon beim Reinkommen interessant anmutende Sachen, die wir gerne genauer inspizieren wollen… zuerst einmal sprechen wir aber mit der Künstlerin und fragen sie ein bisschen aus.

Im Ephra-Studio sind Bilge Emirs Bücher und Gegenstände aufgebaut.
Bilge Emirs Bücher auf dem Tisch im Ephra Studio.

Bilge ist in der Türkei geboren und nach Berlin gekommen, um an der Kunsthochschule Weißensee zu studieren. Aber wie ist sie überhaupt auf die Idee gekommen Kunst zu studieren? Bilge antwortet, dass sie schon als Kind viel gezeichnet und auch im Gymnasium immer wieder Kunstkurse belegt hat, so dass der Wunsch nach einem künstlerischen Studium immer größer wurde. Und was interessiert sie an Kunst genau? Bilge erklärt uns, dass ihr das Zeichnen dabei hilft, anders über Dinge nachzudenken und Gefühle zu verarbeiten. Inspiration bekommt sie durch das tägliche Leben, das, was sie auf der Straße sieht und erlebt, Träume und Emotionen. Und auch wenn ihr langweilig ist, bringt sie ein leeres Blatt Papier und ein Stift in der Hand verlässlich auf andere Gedanken; genauso, wie wenn sie sich Kunst von anderen anguckt – dann ist die Langeweile schnell vorbei.

Bestimmt ist das einer der Gründe, warum sie viele Freund*innen hat, die auch zeichnen. Wenn Bilge sich mit ihnen trifft, entwickeln sie oft gemeinsam Comics oder malen zusammen auf großen Blättern. Ein bisschen nachdenklich gibt sie zu, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit als Künstlerin schnell verschwimmen. Andererseits findet Bilge es auch toll, jeden Tag das zu tun, was sie liebt.

Und so kommt es, dass Bilge eigentlich immer ein (nein – mehrere!) Skizzenbücher dabei hat: ganz kleine Formate für den Park und Ausstellungen oder etwas größere für Cafébesuche und Treffen mit Freund*innen. Nur die ganz großen und unhandlichen Bücher müssen meist zu Hause bleiben. Außerdem benutzt Bilge gerne ihr iPad mit einer Zeichenapp drauf. Der Vorteil zu analogen Techniken (wie Papier und Stift) ist dabei, dass sie weniger Material mit sich herumtragen muss und vor allem die Arbeit an Animationen enorm erleichtert wird.

Wir kennen uns schon ziemlich gut aus und wissen natürlich, dass bei dieser Art von Video unzählige einzelne Zeichnungen so schnell hintereinander gezeigt werden, dass das Gehirn denkt, sie wären tatsächlich in Bewegung. (Und genau so funktionieren ja auch Daumenkinos, merkt eine von uns an.) Das erfordert ganz genaue Planung, wie eine Figur sich bewegen soll… und beim Zeichnen am iPad kann man Fehler viel einfacher rückgängig machen. (Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass früher alle Cartoons und Animationsfilme analog gezeichnet wurden. Das muss ewig gedauert haben!)

Kinder und Erwachsene schauen sich verschiedene Comic-Bücher an.
Bilge Emir zeigt den Kindern verschiedene Comics.
Beim Interview schauen die Kinder sich verschiedene Comics an.

Das Faszinierende an – vermeintlich – unbewegten Comics findet Bilge, dass auch in Comics von einem Bild zum nächsten Bewegung dargestellt werden kann. Mit dem Unterschied, dass man sich als Leser*in viel mehr Zeit für die einzelnen Bilder nehmen und sich darin vertiefen kann – so lang man will. Und genau das machen wir jetzt mit Bilges Arbeiten, die wie auf einem Altar auf dem Tisch ausgebreitet liegen. Bilge hat viele unterschiedliche Sachen mitgebracht: Handtücher mit ihren Zeichnungen drauf, gefüllte Notizbücher, Comics und Magazine, wo jede Seite von anderen Künstler*innen gestaltet wurde. Wir gucken uns alles ganz genau an und entdecken, dass Bilge eine Vorliebe für Blau und Rot hat. Sie findet nämlich, dass die Farben gut zusammenpassen und außerdem sind ihre Lieblingstage solche, an denen der Himmel blau leuchtet.

Im Anschluss zeichnen wir alle inspiriert von Bilges Arbeit unseren eigenen kleinen Comic: Es entstehen die unterschiedlichsten Geschichten in verschiedenen Stilen mit allen möglichen Charakteren – Hinata, ein Ninja, eine Katze und sogar ein Dreieck. Bei manchen sprudeln die Ideen förmlich direkt auf das Papier, bei anderen von uns geht es weniger schnell. Zum Glück ist Bilge an unserer Seite, die uns mit Tipps versorgt, wenn die Inspiration gerade mal fehlt. Leider ist die Zeit so schnell vorbei, dass wir nicht alle fertig werden. Aber wir nehmen uns vor, unsere Geschichten noch zu Ende zu zeichnen.

Was uns besonders freut: Als wir das Ephra Studio verlassen ist der Himmel wolkenlos-blau – ganz wie Bilge ihn mag.

Ein Kind malt einen eigenen Comic.
Ein Junge präsentiert seinen eigenen Comic.
Ein Kind präsentiert seinen eigenen Comic.

 

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